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25. April 2024: Tierschutzgesetz-Reform weiter abgeschwächt

Was ist eine Reform des Tierschutzgesetzes wert, wenn es Qualhaltungen legitimiert?

Der Referentenentwurf des Tierschutzgesetzes (TierSchG) sorgt derzeit für Diskussionen. Wissenschaftsverbände und Agrarlobby machen seit Wochen gegen ein höheres Tierschutzniveau und schärfere Strafen mobil. Wie gestern bekannt wurde, plant das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL), die Übergangsfrist für die besonders tierquälerische ganzjährige Anbindehaltung von Rindern von fünf auf zehn Jahre zu verlängern. Verschlechtert wurde der Gesetzentwurf auch in den Bereichen Zirkus, Qualzuchten und Onlinehandel. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte fordert die Bundesregierung auf, die im Koalitionsvertrag angekündigten Tierschutzverbesserungen wie versprochen umzusetzen.

Dies kommentiert Christina Ledermann, Vorsitzende vom Bundesverband Menschen für Tierrechte:

„Offensichtlich waren die Lobbyisten der Milchindustrie wieder einmal erfolgreich. Dass die Landwirtschaftspresse bereits gestern darüber berichtete, während die Tierschutzverbände erst heute ins BMEL geladen werden, spricht BändeMit der Verlängerung dieser Qualhaltung wird das in Paragraf 2b geplante grundsätzliche Verbot der Anbindehaltung praktisch ausgehebelt. Hinzukommt, dass nun auch noch die geplanten Auflagen zugunsten der angebundenen Tiere, wie zweimaliger Auslauf die Woche und Weidezugang im Sommer, wegfallen sollen. Durch die Änderung der Nachfolgeregelung wird zudem ermöglicht, die bereits jetzt tierschutzwidrige Haltung auch nach der zehnjährigen Übergansfrist weiter fortzuführen. Damit kassiert die Ampel auch ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, die Anbindehaltung nach zehn Jahren zu beenden. Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir, die Anbindehaltung verstößt gegen geltendes Tierschutzrecht. Was ist eine Reform des Tierschutzgesetzes wert, wenn es Qualhaltungen wie diese ausdrücklich weiter erlaubt? Dieser Kotau vor der Landwirtschaftslobby macht das Tierschutzgesetz wieder einmal zum Tiernutzgesetz. Halten Sie sich an Ihre Versprechen: Verbieten Sie die Anbindehaltung, die ganzjährige und die saisonale und setzen Sie die im Koalitionsvertrag versprochenen Tierschutzverbesserungen um!“, fordert Christina Ledermann, Vorsitzende vom Bundesverband Menschen für Tierrechte.

Verschlechterungen auch in anderen Bereichen
Auch Greifvögel sollen, anders als im ersten Gesetzesentwurf, weiterhin angebunden werden dürfen. Beim Verbot bestimmter Wildtiere im Zirkus wurde der Entwurf durch Ausnahmen und Bestandsschutzregelungen so ausgehöhlt, dass die Haltungsverbote quasi unwirksam werden. Verschlechtert wurde auch der Qualzuchtparagraf und die Regelungen zum Onlinehandel. Diese sollen, statt für alle Tiere, jetzt nur noch für Wirbeltiere gelten. Obwohl Tierschutzorganisationen es schon seit Jahrzehnten fordern und obwohl es rechtlich möglich wäre, wird auch das überfällige Verbot von Tiertransporten in Hochrisikostaaten nicht angefasst. Auch schmerzhafte Eingriffe zur Anpassung von Tieren an tierschutzwidrige Haltungsformen dürfen weiterhin durchgeführt werden.
Die grundsätzlich positive Video-Überwachung von Schlachthöfen soll nur in großen Betrieben stattfinden. Dabei belegen verdeckte Aufnahmen immer wieder, dass es gerade in kleineren Schlachthöfen zu grausamen Tierquälereien kommt.

Keine Verbesserungen für „Versuchstiere“
Obwohl es dringend geboten wäre, bleibt es auch in dem aktuellen Entwurf dabei, dass es keine Verbesserungen für Tiere geben soll, die in Tierversuchen eingesetzt werden. In seiner Stellungnahme machte der Bundesverband klar, dass die eklatanten gesetzlichen Defizite in diesem Bereich dringend behoben werden müssen. Hauptkritikpunkte sind, dass schwerbelastende Tierversuche in Deutschland noch immer erlaubt sind. Außerdem werden die Genehmigungsbehörden durch ein eingeschränktes Prüfrecht geschwächt. Hinzukommt, dass das System der Tierversuchskommissionen in seiner aktuellen Form ungeeignet ist, um den Schutz der Tiere zu gewährleisten. In der Summe führt dies dazu, dass im Schnitt 99 Prozent aller Tierversuche genehmigt werden.


Hintergrund zur Anbindehaltung von Kühen
Die Anbindehaltung, bei denen die Tiere angekettet sind und sich kaum bewegen können, verstößt gegen geltendes Tierschutzrecht. Den bewegungsfreudigen Tieren werden dabei alle durch das Tierschutzgesetz geschützten Grundbedürfnisse, wie natürliches Sozialverhalten und Bewegung, vorenthalten. Die artwidrigen Bedingungen führen zu körperlichen und psychischen Leiden und Schäden. Jeder dritte Milchvieh-Betrieb in Deutschland hält seine Kühe in Anbindehaltung. Sogar in Bio-Betrieben ist die tierquälerische Praxis durch eine Ausnahmeregelung erlaubt.


Pressestelle Menschen für Tierrechte:
Christina Ledermann
Mobil: 0179/450 46 80
E-Mail: ledermann@tierrechte.de


Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
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Tel: 02252/830 12 10
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Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Zülpich (früher Aachen) sind Vereine sowie private Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch und eine Ernährungs- und Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion. Mit dem Projekt Ausstieg aus der Tierhaltung zeigt er Landwirt:innen Alternativen auf, wie sie auch ohne sogenannte Nutztiere erfolgreich und nachhaltig wirtschaften können. Um tierversuchsfreie Methoden voranzubringen, veröffentlicht der Verband das „Ersatzverfahren bzw. Replace des Jahres“ sowie das: „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Außerdem unterstützt der Verband das tierschutzkonforme Stadttaubenmanagement und gibt mehrmals im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.