Pressemitteilungen

29. August 2024: Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen: Wo bleibt der Tierschutz?

Anlässlich der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen am 1. September hat der Bundesverband Menschen für Tierrechte die Wahlprogramme der wichtigsten Parteien ausgewertet. Dabei legte der Tierrechtsverband besonderen Fokus darauf, ob die Parteien eine Agrar- und Ernährungswende hin zu einer pflanzenbasierten Produktion verfolgen und wie sie den Ausstieg aus dem Tierversuch voranbringen wollen. Das Ergebnis: Eine Wende in der Agrar- und Ernährungspolitik ist in beiden Bundesländern weder mit der CDU noch mit der AFD oder dem BSW zu erwarten – im Gegenteil. Statt auf eine pflanzenbasierte Ernährung zu setzen, wollen alle drei Parteien die sogenannte Nutztierhaltung ausbauen. Auch der Ausstieg aus dem Tierversuch steht nicht auf der politischen Agenda.

In beiden Bundesländern liegen CDU, AFD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) vorn. Erst danach folgen SPD, Linke und Grüne. Unklar ist, ob alle der letztgenannten Parteien die Fünf-Prozent-Hürde erreichen.

CDU will tiergebundene Landbewirtschaftung
Obwohl der Tierschutz in beiden Landesverfassungen steht, ist das Themenspektrum der beiden CDU-Landesverbände überschaubar. Beide wollen dezentral organisierte Schlachthöfe stärken und die Tierheime besser fördern. Die Themen pflanzliche Ernährung oder Tierversuche kommen in beiden CDU-Wahlprogrammen nicht vor. Deutlich konkreter werden beide in Punkto Land- und Forstwirtschaft und bei der Jagd. Wörtlich heißt es im Programm der sächsischen CDU: „Wir setzen uns für die Unterstützung und den Erhalt der Tierhaltung in Sachsen ein“. Auch die Thüringer CDU setzt auf eine „flächendeckende tiergebundene Landbewirtschaftung“. Einig sind sich die CDU-Landesverbände auch beim Wolf, dessen Bestände sie durch Bejagung regulieren wollen.

AFD will höheren „Selbstversorgungsgrad bei Schlachtvieh“
Die sächsische AFD setzt beim Tierschutz in ihrem Wahlprogramm auf die stärkere Regulierung von Tiertransporten, verbesserte Haltungsbedingungen für sogenannte Nutztiere, ein Verbot von Schächtungen und auf mehr Unterstützung für Tierheime. Ähnlich sieht es im Programm der Thüringer AfD aus. Eine Wende hin zu einer stärker pflanzenbasierten Ernährung verfolgen beide AFD-Landesverbände nicht. Stattdessen will die sächsische AFD, dass der „Selbstversorgungsgrad bei Schlachtvieh“ ausgebaut wird. Außerdem will sie Fischer, Angler sowie Kleintierhalter unterstützen. Beide AFD-Landesverbände wollen den Wolf und sogenannte invasive Arten durch Abschuss regulieren.

BSW will „Masterplan zur Stärkung der Tierhaltung“
In den Programmen des BSW werden Tierschutz und Tierversuche weder in Sachsen noch in Thüringen erwähnt. Da die „Belastung der viehhaltenden Betriebe“ zu einer Verlagerung der Tierproduktion in Länder mit geringeren Tierschutzstandards geführt habe, will das BSW in beiden Ländern einen Masterplan zur Stärkung der Tierhaltung auf den Weg bringen. Für Arten wie Wolf, Biber oder Kormoran will das BSW ein Wildtiermanagement einführen und Beeinträchtigungen von Betrieben finanziell ausgleichen. In Thüringen will das BSW Tierheime besser fördern.

Sachsen-SPD will auf Tierversuche verzichten
Die SPD sieht in beiden Bundesländern Politik und Wirtschaft in der Pflicht, Verantwortung für die Tiere zu übernehmen. Dazu will die SPD Tierheime unterstützen, Veterinärämter stärken, Tiertransporte minimieren und zeitnah auf Tierversuche verzichten. Um die Haltungsbedingungen zu verbessern, plant die SPD eine leichtere Umstellung auf eine ökologische Tierhaltung. Außerdem plant die SPD in Thüringen in Kantinen attraktive und günstige Angebote für eine pflanzenbasierte Ernährung zu schaffen.

Tierbestände: Grüne planen Ausstiegsprogramme
Beide Landesverbände der Grünen haben für den Tierschutz mehrere Seiten in ihren Programmen reserviert. Mit einer Tierwohl-Nutztierstrategie wollen die sächsischen Grünen eine „flächengebundene und tiergerechte Nutztierhaltung“ fördern. Mit Ausstiegsförderprogrammen wollen sie Betriebe dabei unterstützen, ihre Tierbestände zu reduzieren. Die Thüringer Grünen wollen einen umfangreichen „Pakt für artgerechte Tierhaltung“ schmieden. Beide unterstützen die Einführung der Tierschutz-Verbandsklage. In Thüringen planen sie die Etablierung einer unabhängigen Landestierschutzbeauftragten. In Bezug auf Tierversuche fordern beide Landesverbände einen Verzicht auf Tierversuche in der Ausbildung. Die Thüringer wollen zudem Strategien stärken, um stückweise aus Tierversuchen auszusteigen. In Bezug auf die Ernährung streben die sächsischen Grünen eine Ernährungsstrategie an, die die pflanzliche Ernährung stärkt.

Industrielle Tierhaltung: Linke verfolgt Transformation
Auch die Linke gibt den Themen Tier- und Naturschutz viel Platz in ihren Wahlprogrammen. Sie verfolgt eine Transformation weg von der industrialisierten Tierhaltung. Der Weg dahin ist nach Ansicht der Linken eine bodengebundene Tierhaltung und die Förderung „tiergerechter“ Haltungssysteme. Außerdem will die Partei weg von Qual- und Hochleistungszuchten, Tiertransporte einschränken, Kontrollen verstärken und dezentrale Schlachtungen ermöglichen. Sachsen soll die Tierschutz-Verbandklage einführen. Tierversuche will die Linke in Sachsen reduzieren und Versuche mit schweren und langanhaltenden Schmerzen und Leiden beenden. Außerdem soll Sachsen die Forschung und Entwicklung an Alternativmethoden stärker fördern.

Fazit: Keine Tierschutz-Wende in Sicht
Eine Wende in der Agrar- und Ernährungspolitik ist weder mit der CDU noch mit der AFD oder dem BSW zu erwarten – im Gegenteil. Statt auf eine pflanzenbasierte Ernährung zu setzen, wollen alle drei Parteien die sogenannte Nutztierhaltung ausbauen. Auch der Ausstieg aus dem Tierversuch steht nicht auf ihrer Agenda. Die Pläne der SPD sind insgesamt begrüßenswert. Die weitreichendsten Tierschutzpläne legen jedoch die Grünen und die Linken vor. Besonders hervorzuheben sind die Förderprogramme, mit denen die Grünen die Tierbestände reduzieren wollen, sowie die Ernährungsstrategie, mit der die Partei eine pflanzliche Ernährung stärken will. Positiv ist auch der geplante Verzicht von Tierversuchen in der Ausbildung und die Strategie zum stückweise Ausstieg aus dem Tierversuch.

Hier können sie sich die Wahlprogramme der Parteien (in alphabetischer Reihenfolge) herunterladen:

Sachsen: AFD, BSW, CDUGrüne, Linke, SPD
Thüringen: AFD, BSW, CDU, Grüne, Linke, SPD

Hier lesen Sie eine ausführlichere Analyse der Wahlprogramme.

Bei allen Angaben handelt es nicht um eine Wahlempfehlung. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte e.V. ist politisch neutral.


Pressestelle Menschen für Tierrechte:
Christina Ledermann
Mobil: 0179/450 46 80
E-Mail: ledermann@tierrechte.de


Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Severinusstr. 52, 53909 Zülpich
Tel: 02252/830 12 10
www.tierrechte.de
www.ausstieg-aus-der-tierhaltung.de
www.invitrojobs.de
www.satis-tierrechte.de
www.stadttauben.de


Der Bundesverband Menschen für Tierrechte setzt sich seit seiner Gründung 1982 auf rechtlicher, politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene für die Anerkennung elementarer Tierrechte ein und kämpft gegen jeglichen Missbrauch von Tieren. Das langfristige Ziel ist eine grundsätzliche Veränderung des Mensch-Tier-Verhältnisses. Dem Dachverband mit Hauptsitz in Zülpich (früher Aachen) sind Vereine sowie private Fördermitglieder angeschlossen. Seine Stärke liegt im Zusammenwirken von Seriosität, Fachwissen und Lobbyarbeit auf höchster politischer Ebene. Dazu verfolgt der Verband einen Masterplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch und eine Ernährungs- und Agrarwende von der tierischen zur pflanzlichen Eiweißproduktion. Mit dem Projekt Ausstieg aus der Tierhaltung zeigt er Landwirt:innen Alternativen auf, wie sie auch ohne sogenannte Nutztiere erfolgreich und nachhaltig wirtschaften können. Um tierversuchsfreie Methoden voranzubringen, veröffentlicht der Verband das „Ersatzverfahren bzw. Replace des Jahres“ sowie das: „Versuchstier des Jahres“, betreibt die Wissenschaftsplattform InVitro+Jobs für eine konsequente Förderung der tierversuchsfreien Forschung und setzt sich mit dem Projekt SATIS für eine humane Ausbildung ein. Außerdem unterstützt der Verband das tierschutzkonforme Stadttaubenmanagement und gibt mehrmals im Jahr das Magazin tierrechte heraus. Neben einem Themenschwerpunkt informiert die Zeitschrift Journalisten, Wissenschaftler, Politiker, Behörden und Verbandsmitglieder über aktuelle Entwicklungen in der politischen Tierrechtsarbeit. Zudem erscheint zweimal monatlich der Tierrechte Newsletter. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte ist seit seiner Gründung als gemeinnützig und besonders förderungswürdig anerkannt. Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar.