Agrar- und Ernährungswende

Ernährungsreport 2024: Wir brauchen politische Maßnahmen für eine Ernährungswende, Herr Özdemir!

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat am 24.09.24 den Ernährungsreport 2024 vorgestellt. Die Tendenz bei den Verbraucher:innen hin zu einer besseren Tierhaltung und weg vom Fleisch ist grundsätzlich positiv. Enttäuschend ist die Aussage von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, in der er vor allem die Wahlfreiheit der Konsumenten betont. Dabei kommen aktuelle Studien renommierter Universitäten zu dem Ergebnis, dass wir auch bei der Ernährung und Landwirtschaft nicht weitermachen können wie bisher. Wir brauchen eine andere Subventionspolitik und umfassende politische Maßnahmen, wie beispielsweise die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes für tierische Produkte.

Interessante Ergebnisse der vom Forschungsinstitut Forsa durchgeführten Studie sind:

  •  Im Vergleich zu 2015 achten fast doppelt so viele Menschen beim Einkauf auf das Tierwohllabel. Ihre Zahl hat sich von 36 Prozent auf 65 Prozent erhöht.Ein Großteil der Befragten (92 Prozent) findet wichtig, dass die Politik für bessere Tierhaltungsbedingungen sorgt.
  •  Seit Beginn der Befragung verzehren immer weniger Menschen täglich Fleisch oder Wurst: Im Jahr 2015 waren es 34 Prozent und damit elf Prozentpunkte mehr als heute.
  • 42 Prozent sind der Auffassung, dass Obst und Gemüse zu teuer sind, bei Fleisch- und Wurstprodukten sind es 25 Prozent.

Enttäuschend ist das Zitat von Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir, indem er einseitig die Wahlfreiheit der Konsumenten betont: „Unsere Bürgerinnen und Bürger entscheiden selbst, wie sie sich ernähren, da braucht es von niemandem Belehrungen oder Vorschriften. Das klingt wie eine Selbstverständlichkeit, aber wir erleben in den letzten Jahren leider verstärkt, dass das Essen politisch instrumentalisiert wird. Die Menschen wollen echte Wahlfreiheit, das unterstützen wir – und zwar anhand von validen Daten.“

Fern jeglicher Ideologie liefern diverse Studien renommierter Universitäten valide Daten. Sie zeigen deutlich, dass wir eine andere Subventionspolitik brauchen und dass umfassende politische Maßnahmen für eine Agrar- und Ernährungswende nötig sind. Ohne mutige politische Maßnahmen, wie die überfällige Anhebung des Mehrwertsteuersatzes für tierische Produkte, kann diese wichtige Transformation nicht gelingen.

Klimawandel: Rolle des Ernährungssystems entscheident
Eine im März 2024 veröffentlichte Harvard-Studie zeigt die entscheidende Rolle des Ernährungssystems zur Eindämmung des Klimawandels: Die Wissenschaftler:innen fordern die Reduktion der Emissionen aus der Tierhaltung in nationale und globale Klimastrategien zu integrieren. Ziel müsse eine Ernährungsumstellung und die Reduzierung sowohl des Verbrauchs tierischer Produkte als auch der Anzahl der gehaltenen Tiere sein. Nötig seien umfassende politische Maßnahmen, beispielsweise Richtlinien, die einer pflanzlichen Ernährung Vorrang einräumen sowie Prämien für Landwirt:innen, die aus der Tierhaltung aussteigen. Auch das Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) kommt zu der Einschätzung, dass eine globale Ernährungswende hin zu einer hauptsächlich pflanzenbasierten Ernährung ein entscheidender Hebel sein kann, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Milliardensubventionen tierischer Lebensmittel
Gleichzeitig fließen nach einer Studie von April 2024 82 Prozent der Milliardenförderung in die Produktion tierischer Lebensmittel. 38 Prozent fördern die Tierhaltung direkt, 44 Prozent gehen in die Futtermittelproduktion. Auf die Getreide-, Gemüse oder Obstproduktion entfallen damit nur rund 18 Prozent der Gelder. Ein Gutachten von August 2024 belegt, dass Deutschland klimaschädliche Technologien mit 35,8 Milliarden Euro pro Jahr subventioniert. Zweitgrößtes Einsparpotenzial liegt danach bei der Landwirtschaft. Allein durch die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes für tierische Produkte ließen sich 17 Millionen Tonnen einsparen.

Umfassende politische Maßnahmen nötig
Wir brauchen eine andere Subventionspolitik und umfassende politische Maßnahmen für eine Agrar- und Ernährungswende; wie beispielsweise die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes für tierische Produkte. Dies belegt der aktuelle Ernährungsreport: 42 Prozent sind der Auffassung, dass Obst und Gemüse zu teuer sind, bei Fleisch- und Wurstprodukten sind es 25 Prozent. Die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes für tierische Produkte ist keine Ideologie, Herr Özdemir! Das ist praktizierter Tier- und Klimaschutz!